Hinderungsgrund: Mehrfache Tatbegehung vs. Handlungseinheit


Nach einer Beschlagnahme von Waffen äussert sich das Verwaltungsgericht des Kantons Bern zum waffenrechtlichen Hinderungsgrund des mehrfachen Strafregistereintrags, bestätigt die Tatmehrheit und verneint gleichzeitig eine Handlungseinheit.

Prozessgeschichte

Im Zuge eines Strafverfahrens sind beim Betroffenen diverse Waffen sichergestellt worden. Später wurde er per Strafbefehl wegen Widerhandlung gegen das Waffengesetz (mehrfache Begehung) verurteilt. Der unangefochtene Strafbefehl führte zu einem Eintrag im Strafregister. Die ursprünglich sichergestellten Waffen wurden sodann durch die Kantonspolizei beschlagnahmt.

Nachdem die Sicherheitsdirektion des Kantons Bern die dagegen erhobene Beschwerde abgewiesen hatte, durfte sich das Verwaltungsgericht des Kantons Bern im Urteil 100.2021.248U vom 3. Oktober 2022 mit der Rechtmässigkeit dieser Beschlagnahmung befassen.

Wiederholte Widerhandlung?

Nach Art. 31 Abs. 1 lit. d WG beschlagnahmt die zuständige Behörde Waffen von Personen, für die ein Hinderungsgrund nach Art. 8 Abs. 2 WG besteht. Demnach liegt u. a. ein Hinderungsgrund bei Personen vor, «die wegen einer Handlung, die eine gewalttätige oder gemeingefährliche Ge­sinnung bekundet, oder wegen wiederholt begangener Verbrechen oder Verge­hen im Strafregister eingetragen sind, solange der Eintrag nicht gelöscht ist» (Art. 8 Abs. 2 lit. d WG).

Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern ist sich sicher, dass ein einziger Strafregistereintrag wegen mehrfacher Tatbegehung diese Voraussetzungen des Waffengesetzes erfüllt:

Mehrfache Tatbegehung gilt mithin – entgegen der nicht näher begründeten Auffassung des Beschwerdeführers (Beschwerde S. 3 ff.) – als wiederholte Begehung im Sinne von Art. 8 Abs. 2 Bst. d WG. Dass ein einziger Strafregistereintrag genügt, wird vom Beschwerdeführer demgegenüber zu Recht nicht in Frage gestellt.

Urteil des Verwaltungsgericht BE 100.2021.248U vom 03.10.2022 E. 2.4

Dennoch hat sich das Gericht mit dem Argument des Beschwerdeführers auseinandergesetzt, wonach – sinngemäss – eine Handlungseinheit vorgelegen habe, welche die Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 2 lit. d WG nicht erfülle und demnach kein Hinderungsgrund vorliege.

Nach der Feststellung, dass ein Strafurteil die Verwaltungs- und Verwaltungsjustizbehörden grundsätzlich nicht bindet (E. 2.6), prüfte das Verwaltungsgericht die behauptete Handlungseinheit und kam zum Schluss, dass eine solche nicht vorgelegen habe:

Im zu beurteilenden Fall liegt weder eine tatbestandliche noch eine natürliche Handlungseinheit vor. Zwar hatte der Beschwerdeführer die Waffensammlung als Ganzes aus einem Nachlass übernommen, gemäss eigenen Angaben aber zunächst nur zur Aufbewahrung. Erst später erwarb er selber Teile daraus bzw. verkaufte, verschenkte und verlieh Waffen über einen Zeitraum von mehreren Monaten. Den Straftatbestand von Art. 33 Abs. 1 Bst. a WG hat er dabei mehrfach verletzt, indem er zunächst die Waffensammlung unter Verletzung waffenrechtlicher Bestimmungen übernahm und später bei verschiedenen, zeitlich versetzten Transaktionen Waffen an unbekannte Dritte verkaufte, verschenkte und auslieh. Bei dieser Sachlage sind die diversen Widerhandlungen gegen das Waffengesetz nicht auf einen einheitlichen Willensentschluss zurückzuführen, auch wenn all seine Handlungen einzig von der Motivation getragen gewesen sein mögen, der Partnerin des Verstorbenen zu helfen, die Waffen zu veräussern bzw. wegzugeben (Beschwerde S. 4). Der Beschwerdeführer hat damit durch mehrere (wiederholte) Handlungen den Straftatbestand von Art. 33 Abs. 1 Bst. a WG verletzt (sog. Realkonkurrenz; vgl. Trechsel/Seelmann, in Trechsel/Pieth [Hrsg.], Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 4. Aufl. 2020, Art. 49 N. 1).

Urteil des Verwaltungsgericht BE 100.2021.248U vom 03.10.2022 E. 3.3

Vor diesem Hintergrund hatte sich das Verwaltungsgericht der Frage, ob eine Handlungseinheit einer wiederholten Widerhandlung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 lit. d WG entgegensteht, nicht mehr zu stellen. Da eine Handlungseinheit ein einheitliches, zusammengehörendes Geschehen umschreibt, wäre diese Frage zu bejahen. Ein Widerspruch zum Wortlaut des Art. 8 Abs. 2 lit. d WG sollte hierbei (in aller Regel) nicht resultieren, stünde eine Handlungseinheit doch bereits im Strafverfahren einem Schuldspruch (und damit einem Strafregistereintrag) wegen mehrfacher Tatbegehung entgegen.