Waffengesetzliche Beschlagnahme ist ein Zwischenentscheid


Nach der Beschlagnahme von Waffen eines mutmasslichen Staatsverweigerers qualifiziert das Zürcher Verwaltungsgericht die zugehörige Verfügung als Zwischenentscheid – mit entsprechenden Folgen.

Qualifikation des Entscheids

Im Urteil VB.2024.00181 vom 21. November 2024 nimmt sich das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich der bislang kaum gestellten Frage nach der Qualifikation eines waffenrechtlichen Beschlagnahmeentscheids an. Im Lichte der zweistufigen Vorgehensweise – erst die Beschlagnahme, dann die Einziehung – gelangt das Gericht zur Auffassung, dass eine waffengesetzliche Beschlagnahmeverfügung einen Zwischenentscheid darstellt:

Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschlagnahme nach Art. 31 Abs. 1 WG als Zwischenentscheid im Sinn von § 19a Abs. 2 VRG zu qualifizieren ist und der anschliessende Entscheid über eine definitive Einziehung nach Art. 31 Abs. 3 WG den Endentscheid darstellt.

Urteil des Verwaltungsgerichts ZH VB.2024.00181 vom 21.11.2024 E. 3.5

Diese Erkenntnis hat prozessuale Auswirkungen: Zwischenentscheide sind typischerweise nur anfechtbar, wenn daraus ein nicht wiedergutzumachender Nachteil droht. Da es sich bei der waffengesetzlichen Beschlagnahme um eine vorsorgliche Massnahme handeln soll, wird der nicht wiedergutzumachende Nachteil vom Zürcher Verwaltungsgericht bejaht:

Auch bei der waffenrechtlichen Beschlagnahme nach Art. 31 Abs. 1 WG handelt es sich ihrem Charakter nach um eine vorsorgliche Massnahme. Diese Massnahme bewirkt einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil im Sinn von § 19a Abs. 2 VRG.

Urteil des Verwaltungsgerichts ZH VB.2024.00181 vom 21.11.2024 E. 4.3

Folglich war auf die Beschwerde gegen die Beschlagnahme einzutreten; materiell geprüft wurde – aufgrund der vorgängigen Qualifikation als Zwischenentscheid – indes nur summarisch.

Beschlagnahme beim Staatsverweigerer?

Aufgrund der Aktualität des Themas – beim Beschwerdeführer dürfte es sich um einen sogenannten „Staatsverweigerer“1 handeln – will ich trotz der lediglich summarischen Prüfung kurz auf den (beschränkten) materiellen Gehalt des Urteils eingehen.

Das Verwaltungsgericht schützt die Beschlagnahme von Waffen beim Beschwerdeführer aufgrund eines Verdachts auf eine Selbst- oder Drittgefährdung mit der Waffe (Art. 8 Abs. 2 lit. c WG). Diesen waffenrechtlichen Hinderungsgrund sieht das Verwaltungsgericht nicht in einer „Staatsverweigerergesinnung“ an sich, sondern in konkreten Vorfällen, insbesondere im sinngemässen Androhen einer bewaffneten Auseinandersetzung:

Bei summarischer Betrachtung reichen diese Vorkommnisse in ihrer Gesamtheit aus, um einen begründeten Verdacht auf eine Selbst- oder Drittgefährdung nach Art. 8 Abs. 2 lit. c WG anzunehmen, womit ein Beschlagnahmungsgrund nach Art. 31 Abs. 1 WG vorlag. Der Beschwerdeführer vermag nicht darzutun, inwiefern mit Blick auf die geschilderten Vorfälle ohne Weiteres davon auszugehen wäre, dass keine Gefahr einer Selbst- oder Drittgefährdung von ihm ausgehen könnte. Insbesondere die Frage, ob er sich ebenfalls bewaffnen soll, legt eine Drittgefährdung nahe. Auch wenn der Beschwerdeführer den Sachverhalt pauschal bestreitet, ist bei summarischer Betrachtung nicht einzusehen, weshalb die Polizei den Sachverhalt falsch rapportiert haben sollte, und die entsprechenden – verqueren – Schreiben des Beschwerdeführers sowie die Berichte der Polizei liegen den Akten bei. Damit erweist sich die streitige Beschlagnahme angesichts der dargelegten Vorkommnisse nicht als rechtsverletzend. Eine einlässliche Prüfung von Hinderungsgründen wird im Rahmen einer allfälligen Einziehung vorzunehmen sein.

Urteil des Verwaltungsgerichts ZH VB.2024.00181 vom 21.11.2024 E. 5.2

Damit deckt sich dieser Entscheid des Zürcher Verwaltungsgerichts faktisch mit meiner in der Kriminalistik 4/2024 dargelegten Einschätzung und empfohlenen Handhabung,2 weshalb ich dem Verwaltungsgericht natürlich nicht widersprechen will.

  1. Als „Staatsverweigerer“ oder „Selbstverwalter“ werden typischerweise Personen verstanden, die den Staat als solchen nicht anerkennen, dessen Autorität ablehnen sowie ihm und seinen Organisationen jegliche Legitimation absprechen. Erkennungszeichen ist oft die Versteifung auf eine gewisse Schreibweise des eigenen Namens oder die innere Teilung in „Mensch“ und „Person“. ↩︎
  2. In der Ausgabe 4/2024 der Fachzeitschrift Kriminalistik hat der Autor den Beitrag «Zum Umgang mit Staatsverweigerern im waffenrechtlichen Verwaltungsverfahren» publiziert. ↩︎