Aufbewahrung von Waffen: kein Beschwerderecht der Ehefrau


Das Berner Obergericht tritt auf die Beschwerde einer vermeintlichen Privatklägerin gegen die Einstellung eines Strafverfahrens bezüglich unsorgfältiger Waffenaufbewahrung nicht ein, weil sie ihre Beschwerdelegitimation nicht dartut.

Im Kanton Bern hatte eine Frau ihren (damaligen, getrenntlebenden) Ehemann im März sowie August 2022 wegen diverser Delikte – mitunter wegen Verstosses gegen die in Art. 26 WG statuierte Pflicht zur sorgfältigen Aufbewahrung von Waffen etc. – angezeigt. Im Dezember 2023 hat die Regionale Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland das Strafverfahren gänzlich eingestellt.

Gegen die staatsanwaltschaftliche Einstellungsverfügung erhob die Frau erfolglos Beschwerde. Mit Beschluss BK 23 536+537 vom 16. August 2024 hält die Beschwerdekammer in Strafsachen des Obergerichts des Kantons Bern unter anderem fest, dass Art.‎ 33 Abs.‎ 1 lit.‎ e WG [recte wohl: Art.‎ 34 Abs.‎ 1 lit.‎ e WG] grundsätzlich keine Individualinteressen schützt:

[…] Unter Berücksichtigung des vorstehend Gesagten erhellt, dass es sich bei Art.‎ 33 Abs.‎ 1 Bst.‎ e WG [recte wohl: Art.‎ 34 Abs.‎ 1 lit.‎ e WG] um keine Strafrechtsnorm handelt, welche evidentermassen (auch) Individualinteressen schützt. Eine diesbezügliche Beschwerdeberechtigung der Beschwerdeführerin ist damit nicht offensichtlich gegeben, weshalb es angezeigt wäre, dass sich diese zur Beschwerdelegitimation äussert. […]

Beschluss des Obergerichts BE BK 23 536+537 vom 16.08.2024 E. 2.3

Als verhängnisvoll erweist sich schon die unvollständige Konstituierung als Privatklägerin:

[…] Hierzu ist festzuhalten, dass sich die Beschwerdeführerin in der Anzeige vom 3. März 2022 einzig wegen Tätlichkeiten, Verleumdung, evtl. übler Nachrede, Drohung, evtl. Nötigung und Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht als Privatklägerin im Straf- und Zivilpunkt konstituiert hat. In der von Rechtsanwältin G. namens der Beschwerdeführerin nachträglich eingereichten Strafanzeige wegen mutmasslichen Verstosses gegen Art.‎ 26 WG vom 3. August 2022 wurde demgegenüber nicht vorgebracht, dass sich die Beschwerdeführerin auch bezüglich dieses Vorwurfes als Privatklägerin konstituieren und die entsprechenden Rechte wahrnehmen will. […]

Beschluss des Obergerichts BE BK 23 536+537 vom 16.08.2024 E. 2.3

Das Berner Obergericht verlangt betreffend Widerhandlung gegen das Waffengesetz eine beschwerdeführerische Erläuterung, inwiefern eigene rechtlich geschützte Interessen unmittelbar verletzt worden sein sollen:

[…] Indem sich die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin mit keinem Wort zur vorliegend offensichtlich fraglichen Beschwerdelegitimation in Bezug auf die Widerhandlung gegen das Waffengesetz geäussert und nicht erläutert hat, inwiefern sie auch insoweit in ihren eigenen rechtlich geschützten Interessen unmittelbar verletzt worden sein soll, ist sie ihrer Begründungspflicht unzureichend nachgekommen. Auf die Beschwerde ist demnach auch soweit die Einstellung des Verfahrens wegen Widerhandlung gegen das Waffengesetz angefochten wird, nicht einzutreten (vgl. zur Beschwerdelegitimation bezüglich der Strafbestimmungen des Waffengesetzes im Übrigen zudem bereits den Beschluss der Beschwerdekammer in Strafsachen BK ‎‎14 177 vom 14. Mai 2014 E. 2.1, in welchem ausgeführt wird, dass die Strafbestimmungen des Waffengesetzes das Rechtsgut der öffentlichen Sicherheit und keine Individualinteressen schützen und die dortigen Beschwerdeführer damit nicht unmittelbar in ihren rechtlich geschützten Interessen betroffen waren, weshalb auf die Beschwerde nicht eingetreten wurde).

Beschluss des Obergerichts BE BK 23 536+537 vom 16.08.2024 E. 2.3

Auswirkung?

Dieser Beschluss der Beschwerdekammer sollte sich – sofern er nicht ohnehin der Praxis entspricht – auf künftige Strafverfahren verschiedener Stufen auswirken: Ist eine unmittelbare Verletzung eigener (waffen)rechtlich geschützter Interessen erst darzutun, kann eine Geschädigtenstellung nicht vermutet werden (vgl. Art. 115 Abs. 1 StPO). Wer nicht geschädigt ist, kann sich nicht nach Art. 118 Abs. 1 StPO als Privatkläger konstituieren; zugehörige Parteirechte bleiben verwehrt.