Prozessgeschichte
Im Kanton Zürich hat ein Waffenbesitzer im Mai 2021 um Erteilung einer kantonalen Ausnahmebewilligung für den Erwerb verbotener Waffen ersucht. Die Kantonspolizei wies das Gesuch ab. Im Januar 2022 ordnete das Statthalteramt Winterthur eine Hausdurchsuchung beim Gesuchsteller an; dabei wurden diverse Waffen und andere Gegenstände sichergestellt. Das in der Folge wegen Vergehens gegen das Waffengesetz im Sinne von Art. 33 Abs. 1 lit. a WG gegen den Gesuchsteller eröffnete Strafverfahren stellte die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland mit Verfügung vom 2. Mai 2022 ein. Mit dieser (rechtskräftigen) Einstellungsverfügung wurden zwei Feuerwaffen dem Statthalteramt Winterthur zur Prüfung einer Einziehung nach Art. 31 WG überlassen; neun Waffen resp. andere Gegenstände hat die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland eingezogen; die übrigen sichergestellten Waffen, Gegenstände und Munitionsbestandteile waren dem Betroffenen herauszugeben, wobei in dieser Dispositivziffer – wohl versehentlich – kein Vorbehalt zugunsten des örtlichen Waffenbüros vermerkt wurde.
Mit Verfügung vom 16. September 2022 ordnete das Statthalteramt Winterthur die Beschlagnahme und – offenbar im gleichen Entscheid – definitive Einziehung der polizeilich sichergestellten Waffen, des Waffenzubehörs und der Munition an. Dass es damit über das Dispositiv des rechtskräftigen Entscheids der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland hinausging, dürfte das Statthalteramt Winterthur später bemerkt haben, zog es doch im Oktober 2022 die eigene Verfügung in Wiedererwägung, wobei sich faktisch nichts änderte: Das Statthalteramt Winterthur hielt vollumfänglich an der Einziehung von Waffen, Waffenzubehör und Munition fest, ordnete jedoch zusätzlich an, dass der Betroffene die bereits ausgehändigten Waffen, Gegenstände und Munition innert zehn Tagen ab Zustellung der (neuen) Verfügung beim Statthalteramt Winterthur zu hinterlegen habe.
Dagegen liess der Betroffene im November 2022 Rekurs erheben. Dieser Rekurs wurde vom Regierungsrat des Kantons Zürich mit Beschluss vom 1. März 2023 abgewiesen, worauf der Betroffene Beschwerde ans Verwaltungsgericht des Kantons Zürich erhob und beantragte, die vorinstanzlichen Entscheide unter Kosten- und Entschädigungsfolgen aufzuheben.
Urteil des Verwaltungsgerichts
Mit jüngst publiziertem Urteil VB.2023.00184 vom 18. Juli 2024 wies die 3. Abteilung des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich die besagte Beschwerde ab. Im Rahmen dieser Abweisung hält das Gericht fest, dass ein Absehen von einer strafrechtlichen Einziehung einer späteren waffengesetzlichen Einziehung nicht entgegenstehe:
[…] Dispositivziffer 6 der Einstellungsverfügung ist mit Blick auf die sachliche Unzuständigkeit der Staatsanwaltschaft betreffend die Einziehung nach Art. 31 WG so zu verstehen, dass die Staatsanwaltschaft aus strafprozessualer Sicht von einer Einziehung der betreffenden Gegenstände nach Art. 320 Abs. 2 StPO in Verbindung mit Art. 69 StGB absah. Damit wurde aber nicht über eine mögliche administrative Einziehung nach Art. 31 WG befunden, womit die Einstellungsverfügung einer erstmaligen Beurteilung der waffenrechtlichen Einziehung durch die zuständige Behörde nicht entgegensteht. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn der Beschwerdegegner in seinen Verfügungen vom 16. September 2022 bzw. wiedererwägungsweise vom 24. Oktober 2022 die Einziehung der betreffenden Gegenstände nach Art. 31 WG beurteilte. Nichts anderes für diese Konstellation ergibt sich überdies aus der jüngsten bundesgerichtlichen Praxis (vgl. zur Publikation vorgesehener BGr, 21. Mai 2024, 2C_125/2023).
Urteil des Verwaltungsgerichts ZH VB.2023.00184 vom 18.07.2024 E. 2.3
In der Folge bestätigte das Zürcher Verwaltungsgericht das Vorliegen des Hinderungsgrundes der Selbst- oder Drittgefährdung mit der Waffe (Art. 8 Abs. 2 lit. c WG) – und damit die Rechtmässigkeit der waffengesetzlichen Beschlagnahme und Einziehung – aufgrund des langjährigen resp. eigenmächtigen Konsums von Betäubungsmitteln und verschreibungspflichtigen Medikamenten des Beschwerdeführers. Demgegenüber erkennt das Verwaltungsgericht – entgegen der Vorinstanz – in den diversen Übertretungen des Beschwerdeführers sowie im blossen Besitz von nationalsozialistischen Memorabilia keinen Hinderungsgrund:
[…] Jedoch lässt sich nicht bereits aus den zehn strafrechtlichen Vorfällen, welche die Ruhe und Ordnung, eine Nachtruhestörung durch lärmintensiven Discobetrieb, den Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen und eine Nutzungsänderung entgegen baurechtlicher Vorschriften betrafen, ohne Weiteres auf eine Selbst- und Drittgefährdung schliessen (vorne E. 5.2.1, 5.3). Bei diesen Delikten handelt es sich überwiegend um solche, die mit der Geschäftstätigkeit des Beschwerdeführers einhergehen und kein Gewalt- oder Selbstgefährdungspotenzial erkennen lassen. Relevant bleibt aber das Fahren unter Betäubungsmitteleinfluss (vorne E. 5.2.1 f.), da der Beschwerdeführer damit auch Dritte mit seinem Verhalten gefährdete und eine entsprechende Gesinnung zum Ausdruck brachte. Hingegen lässt sich vom Besitz der nationalsozialistischen Memorabilia nicht ohne Weiteres auf eine entsprechende Drittgefährdung schliessen (vorne E. 5.2.4 und 5.3). Dazu bedürfte es konkreterer Bekundungen einer nationalsozialistischen Gesinnung.
Urteil des Verwaltungsgerichts ZH VB.2023.00184 vom 18.07.2024 E. 5.4
Würdigung
Das Zürcher Verwaltungsgericht hat sein dargelegtes Urteil in Kenntnis des im ArmaLex-Beitrag vom 1. August 2024 erläuterten Bundesgerichtsentscheids gefällt und vertritt den Standpunkt, dass die bundesgerichtliche Praxis für die vorliegende Konstellation kein anderes Ergebnis anzeige (vgl. E. 2.3).
Da sich die Ausgangslage, mit welcher sich das Bundesgericht im vergangenen Mai zu befassen hatte, nicht mit der vorliegenden deckt, lassen sich diese Urteile nur bedingt gegenüberstellen. Jedenfalls hält das Bundesgericht in E. 4.7 seines Urteils 2C_125/2023 vom 21. Mai 2024 fest, dass die Verhältnismässigkeit der Herausgabe von Gegenständen Thema des Strafverfahrens ist. Dem dortigen Beschwerdeführer war es entsprechend verwehrt, im nachgelagerten Verwaltungsverfahren auf die Prüfung des Gefährdungspotenzials und der Verhältnismässigkeit zurückzukommen. Insofern hätte sich das Zürcher Verwaltungsgericht mit der Frage, weshalb diese Schranke für die Verwaltungsbehörde (scheinbar) nicht gelten soll, auseinandersetzen dürfen. Da die vorbehaltlose Herausgabe der Gegenstände wohl aber auf einem staatsanwaltschaftlichen Versehen fusste (vgl. E. 2.1 und 2.3), hätte sich dieses Verfahren aus dem Kanton Zürich ohnehin nicht zur belastbaren Klärung dieser Frage geeignet.