Gemäss Art. 29 Abs. 1 lit. a WG sind die kantonalen Vollzugsorgane befugt, in Anwesenheit der Person, die über eine Bewilligung nach dem Waffengesetz verfügt, oder ihrer Stellvertretung, die Einhaltung von Bedingungen und Auflagen zu kontrollieren, die mit der Bewilligung verknüpft sind. Demnach setzt eine solche Kontrolle (bislang) voraus, dass
- sie durch das kantonale Vollzugsorgan durchgeführt wird,
- die betroffene Person über eine waffengesetzliche Bewilligung verfügt,
- die betroffene Person oder ihre Stellvertretung anwesend ist und
- die Bewilligung der betroffenen Person mit einer Auflage oder einer Bedingung verknüpft wurde.
Kontrolliert werden darf bei Vorliegen aller Voraussetzungen die Einhaltung zugrundeliegender Auflagen und/oder Bedingungen. Eine Kontrolle ohne Voranmeldung sieht das Waffengesetz ferner nur in Art. 29 Abs. 1 lit. b (Besichtigung von Geschäftsräumen), nicht aber in lit. a vor.
Urteil des Bundesgerichts
Im jüngst veröffentlichten Bundesgerichtsurteil 2C_422/2023 vom 15. Dezember 2023 hatte das Bundesgericht zu entscheiden, ob Art. 26 Abs. 1 WG – die generelle Pflicht zur sorgfältigen Aufbewahrung von Waffen etc. – von der in Art. 29 Abs. 1 lit. a WG normierten Kontrollbefugnis erfasst ist. Entgegen der Lehre wurde dies bejaht:
Nach dem Gesagten – und angesichts des grossen öffentlichen Interesses an der Einhaltung der den Waffenhaltern durch das Waffengesetz auferlegten Verpflichtungen, gerade auch derjenigen betreffend die Aufbewahrung – ist davon auszugehen, dass die Befugnis zur Kontrolle der Aufbewahrungspflicht nach Art. 26 WG von Art. 29 Abs. 1 lit. a WG (mit-) erfasst ist; die zuständigen Vollzugsorgane sind somit berechtigt, die Einhaltung der Aufbewahrungspflicht nach Art. 26 WG gestützt auf Art. 29 Abs. 1 lit. a WG zu überprüfen (anderer Ansicht: HANS WÜST, a.a.O. S. 175 ff.). […]
Urteil des Bundesgerichts 2C_422/2023 vom 15.12.2023 E. 4.4
Das Bundesgericht begründet diese Erkenntnis wie folgt:
In diesem Sinn zielt die Aufbewahrungspflicht von Art. 26 WG darauf ab, Missbrauch präventiv zu verhindern (vgl. zum „Sicherheitsgedanken“ der Aufbewahrungsregel auch die Botschaft vom 2. März 2018 zur Genehmigung und Umsetzung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Richtlinie (EU) 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie [Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands], BBl 2018 1906 Ziff. 4.1; zum breiteren Präventionszweck des Waffengesetzes: WEISSENBERGER, a.a.O., S. 155 f. mit Hinweisen; vgl. auch die Botschaft vom 24. Januar 1996 zum Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition, BBl 1996 I 1056 Ziff. 11; Voten Bundesrat Koller in National- und Ständerat: AB 1996 S 513; AB 1997 N 18 f.) Damit die Bestimmung in dieser Hinsicht ihre Wirksamkeit entfalten kann, muss die Aufbewahrungspflicht einer Kontrolle durch die zuständigen Vollzugsorgane zugänglich sein. Wäre die Pflicht zur sorgfältigen Aufbewahrung zwar gesetzlich vorgesehen, die (verwaltungsrechtliche) Kontrolle ihrer Einhaltung gleichzeitig aber unzulässig – wie dies die vom Beschwerdeführer vertretene Rechtsauffassung zur Folge hätte – besteht die Gefahr, dass die Verpflichtung trotz ihrer zentralen Rolle im Waffenrecht ausgehöhlt würde. Private Waffenhalter und Waffenhalterinnen wüssten, dass die Einhaltung der Aufbewahrungspflicht grundsätzlich nicht respektive nur im Rahmen der strafprozessualen Voraussetzungen kontrolliert werden dürfte. Die gesetzliche Pflicht von Art. 26 WG (und in der Folge auch die damit zusammenhängende Strafbestimmung von Art. 34 Abs. 1 lit. e WG) bliebe in erheblichem Mass toter Buchstabe. Dies ist, gerade mit Blick auf Fallkonstellationen, in welchen Waffen tatsächlich unsorgfältig aufbewahrt werden oder für unberechtigte Dritte – beispielsweise im gleichen Haushalt lebende Kinder oder Jugendliche – zugänglich sind, und angesichts des sehr grossen Gefahrenpotentials, das von nicht sorgfältig aufbewahrten Waffen ausgeht, nicht hinzunehmen.
Urteil des Bundesgerichts 2C_422/2023 vom 15.12.2023 E. 4.3
Würdigung
Das Bundesgericht qualifiziert Art. 26 Abs. 1 WG – insofern im Sinne des Beschwerdeführers – weder als «Bedingung» noch als «Auflage». Indem das Bundesgericht die allgemeine Sorgfaltspflicht aus Art. 26 Abs. 1 WG dennoch als von Art. 29 Abs. 1 lit. a WG erfasst sehen will, geht es über dessen Wortlaut hinaus. Hat das Gericht den Wortlaut erst mal verlassen, braucht die (ansonsten zentrale) Frage, ob Art. 26 Abs. 1 WG überhaupt eine «Bedingung» oder eine «Auflage» im verwaltungsrechtlichen Sinne darstellt, nicht länger beachtet zu werden. Vielmehr argumentiert das Bundesgericht vor dem Hintergrund eines allgemeinen Präventionszwecks des Waffengesetzes sowie der Befürchtung, die Prüfung der in Art. 26 Abs. 1 WG normierten Sorgfaltspflicht einzig in den repressiven Händen der Strafjustiz zu wissen. In dieser Hinsicht kann letztlich von einem (neuen) Kontrollgrund praeter legem gesprochen werden. Obschon das dahinterstehende Präventionsbestreben des Bundesgerichts im Kern löblich sein mag, wären solche Ergebnisse aus rechtsstaatlicher Sicht vorzugsweise auf dem Weg der klaren Gesetzgebung herbeizuführen.
Folgen
Im Lichte der zitierten Rechtsprechung sollen Kontrollen nach Art. 29 Abs. 1 lit. a WG auch dann zulässig sein, wenn die erlangte Bewilligung der betroffenen Person nicht mit einer Auflage oder einer Bedingung verknüpft wurde, diese jedoch mindestens einen von der Pflicht zur sorgfältigen Aufbewahrung nach Art. 26 Abs. 1 WG erfassten Gegenstand besitzt, was bei Inhabern waffengesetzlicher Bewilligungen nahezu immer der Fall sein dürfte. Folgerichtig würde in dieser Konstellation nicht die Einhaltung einer Auflage oder Bedingung, sondern die sorgfältige Aufbewahrung überprüft. Der eigentliche Zweck des Art. 29 Abs. 1 lit. a WG – die Überprüfbarkeit von Auflagen und Bedingungen – dürfte damit in den Hintergrund rücken.
Nicht explizit geäussert hat sich das Bundesgericht zur Frage, ob die betroffene Person überhaupt noch im Besitz einer waffengesetzlichen Bewilligung sein muss. Nur wenn auch diese in Art. 29 Abs. 1 WG festgehaltene Voraussetzung weggedacht würde, dürfte die Aufbewahrung ausschliesslich bewilligungsfreier Gegenstände überprüft werden. In Anbetracht der dargelegten höchstrichterlichen Haltung ist anzunehmen, dass das Bundesgericht bereit wäre, auch über dieses Erfordernis hinwegzusehen. Damit würde die generelle Kontrolle der Aufbewahrung aller Waffen, wesentlichen Waffenbestandteile, Munition, Munitionsbestandteile und allen Waffenzubehörs erlaubt.