R-Eintrag: Armeestab muss über Löschung entscheiden


Eine militärdienstuntaugliche Person will den hinderlichen Datenbankeintrag «R-Flag» ändern lassen. Das Bundesverwaltungsgericht klärt: Der Armeestab muss über eine Löschung befinden.

Prozessgeschichte

Dem späteren Beschwerdeführer ist 2005 die Zulassung zum Militärdienst aus medizinischen Gründen verweigert worden. Dies führte zu einem R-Eintrag (medizinisch bedingte Waffenabgabe- oder Waffenbezugseinschränkung, R-Flag) im Medizinischen Informationssystem der Armee (MEDISA). Sodann wurde dieser R-Eintrag standardmässig in die Waffeninformationsplattform ARMADA des fedpol übernommen, zu der auch die Datenbank über die Abgabe und den Entzug von Waffen der Armee (DAWA) gehört, welche von der Zentralstelle Waffen geführt wird (Art. 32a Abs. 1 lit. d WG). Ein solcher R-Eintrag steht dem Erwerb einer Waffe grundsätzlich entgegen.

Mit Blick auf einen zivilen Waffenerwerb wollte diese Person im Jahr 2018 den R-Eintrag durch den Militärärztlichen Dienst (Mil Az D) entfernen lassen. Hierauf wurde ihm mitgeteilt, dass eine Anpassung dieses militärischen Beschlusses nicht möglich sei.

Im Februar 2022 wandte sich dieselbe Person mit gleichem Anliegen abermals an den Mil Az D: Im Hinblick auf eine mögliche Karriere in der Bundesverwaltung wolle er seinen hinderlichen R-Eintrag entfernt sehen. Er wäre gar bereit, sich einer erneuten medizinischen Evaluation zu stellen. Für den Fall einer Ablehnung verlangte er einen Entscheid. Im Mai 2022 reichte er einen Waffenerwerbsschein nach.

Ende September 2022 erhob der Gesuchsteller am Bundesverwaltungsgericht Beschwerde wegen formeller Rechtsverweigerung. Im Oktober 2022 erhielt dieser Beschwerdeführer ein Schreiben der Schweizer Armee. Darin wurde ihm u. a. die Möglichkeit der Löschung der R-Flag aus dem MEDISA und die Aktualisierung dieses Eintrags in der DAWA erläutert.

Hierauf wandte sich der Beschwerdeführer erneut bzw. weiterhin ans Bundesverwaltungsgericht: Er habe kein Informationsschreiben, sondern einen Entscheid verlangt. In seiner Beschwerdeantwort beantragt der Armeestab (A Stab) als Beschwerdegegner die Abweisung: Der Beschwerdeführer habe kein schutzwürdiges Interesse an einem formellen Entscheid. Der Beschwerdeführer ergänzte sodann, dass er aufgrund seines R-Vermerks zusätzliche finanzielle und zeitliche Aufwände habe auf sich nehmen müssen, um einen Waffenerwerbsschein zu erhalten; diese Aufwände wären ohne R-Eintrag nicht angefallen.

Recht auf Entscheid

Im jüngst veröffentlichten Urteil A-4423/2022 vom 27. Februar 2023 stellt das Bundesverwaltungsgericht vorab fest, dass kein Entscheid ergangen sei (E. 2.2). Gestützt auf das Datenschutzgesetz (DSG) und den einschlägigen Verweis im Bundesgesetz über die militärischen Informationssysteme (MIG) bejaht das Gericht sodann das Recht des Beschwerdeführers als Partei auf einen Entscheid:

En premier lieu, la mention R-Flag dont il s’agit est une donnée personnelle au sens de l’art. 3 al. 1 let. a LPD, applicable suite au renvoi de l’art. 1 al. 3 LSIA. En effet, il s’agit bien d’une information relative à une personne identifiée ou identifiable selon cette disposition. Ceci entraîne la reconnaissance d’un droit, pour le recourant, à se voir notifier une décision conformément aux art. 5 et 25 LPD (cf. ég. art. 25 al. 4 LPD et le renvoi à la PA). En deuxième lieu, le recourant a la qualité de partie, selon l’art. 6 PA, ses droits et obligations étant touchés par la décision à prendre. En troisième et dernier lieu, le recourant a exposé son intérêt à obtenir une décision au sujet des données personnelles contenues dans le registre MEDISA. Il fait valoir qu’il craint pour sa future carrière au sein de l’administration. Il est en effet possible que dite inscription soit prise en considération dans le cadre notamment de contrôles de sécurité effectués relativement à certains postes auxquels il pourrait postuler. En outre, les démarches pour obtenir un permis d’acquisition d’arme sont plus longues et plus coûteuses du fait de cette mention. Il dispose dès lors d’un intérêt de fait, particulier, direct et actuel.

Urteil des BVGer A-4423/2022 vom 27.02.2023 E. 4.4.2.1

Die Beschwerde ist gutgeheissen und der A Stab angewiesen, dringlich über den Antrag des Beschwerdeführers zu entscheiden.

Update: Zuständigkeit

Der guten Ordnung halber sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass das Bundesverwaltungsgericht in seinem späteren Urteil A-5959/2023 vom 4. Juli 2024 festgehalten hat, dass für die Bearbeitung der Daten in der ARMADA resp. DAWA die Zentralstelle Waffen des fedpol zuständig ist:

Soweit der Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren die Löschung von Einträgen in den Dateninformationssystemen ARMADA beziehungsweise DAWA beantragt, kann darauf bereits mangels Anfechtungsobjektes nicht eingetreten werden, nachdem die Vorinstanz hierüber infolge fehlender Zuständigkeit zu Recht nicht befunden hat (vgl. zur Zuständigkeit des Bundesamtes für Polizei fedpol für die Bearbeitung von Daten des DAWA: Art. 32a Abs. 1 Bst. d des Bundesgesetzes über Waffen, Waffenzubehör
und Munition
[Waffengesetz, WG; SR 514.54] sowie Art. 31c Abs. 3 WG
i.V.m. Art. 58 Bst. h Ziff. 1 der Verordnung über Waffen, Waffenzubehör und
Munition
vom 2. Juli 2008 [Waffenverordnung, WV; SR 514.541]; vgl. zur
gesetzlichen Grundlage für die Bekanntgabe der Daten Art. 28 Abs. 2 Bst. f
des Bundesgesetzes über militärische und andere Informationssysteme im
VBS
vom 3. Oktober 2008, MIG; SR 510.91). Das diesbezügliche Schreiben des Beschwerdeführers vom 27. September 2023 wurde von der Vorinstanz denn auch antragsgemäss an die zuständige Zentralstelle Waffen des fedpol weitergeleitet.

Urteil des BVGer A-5959/2023 vom 04.07.2024 E. 3.2