Rechtshilfe: Art der Waffe ist zu beschreiben


Das Bundesstrafgericht hebt eine Verfügung der Staatsanwaltschaft Zug auf, welche die rechtshilfeweise Herausgabe von Beweismitteln angeordnet hat: Die Art der verfahrensbegründenden Waffe ist nicht umschrieben.

Nach einer Hausdurchsuchung im Rahmen einer internationalen Rechtshilfe hatte sich die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts einer Beschwerde gegen eine Schlussverfügung der Staatsanwaltschaft des Kantons Zug, welche die Herausgabe von Beweismitteln im Sinne von Art. 74 IRSG (Gegenstände und ein Einvernahmeprotokoll) angeordnet hat, anzunehmen. Im Entscheid RR.2022.171 vom 3. Februar 2023 gibt das Bundesstrafgericht das Rechtshilfeersuchen und den zugehörigen Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart wie folgt wieder:

Eine Person, der seitens der Staatsanwaltschaft Stuttgart Vertraulichkeit zugesichert worden sei, habe dem Landeskriminalamt Baden-Württemberg mitgeteilt, dass dem Beschwerdeführer aktuell eine Schusswaffe zur Verfügung stehe. Der Beschwerdeführer sei polizeilich bekannt und werde dem Reichsbürgermilieu zugeordnet. Der Beschwerdeführer werde daher verdächtigt, eine verbotene Schusswaffe zu besitzen und gegen § 52 Abs. 1 Nummer 1 des (deutschen) Waffengesetzes verstossen zu haben (Verfahrensakten, pag. 2 ff.).

Entscheid des BstGer RR.2022.171 vom 03.02.2023 E. 4.3.1

Ungenügendes Rechtshilfeersuchen

Massnahmen nach Art. 63 IRSG, welche die Anwendung prozessualen Zwanges erfordern, dürfen nur angeordnet werden, wenn aus der Darstellung des Sachverhalts hervorgeht, dass die im Ausland verfolgte Handlung die objektiven Merkmale eines nach schweizerischem Recht strafbaren Tatbestandes aufweist (Art. 64 Abs. 1 IRSG; vgl. dazu Art. 5 Ziff. 1 lit. a EUeR). Folglich hatte die Beschwerdekammer den im Rechtshilfeersuchen umschriebenen Sachverhalt auf eine hinreichende Konkretheit zu prüfen.

Die Umschreibung des Sachverhalts erweist sich sowohl im Rechtshilfeersuchen als auch im Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart als ungenügend:

[…] Welcher Art die Schusswaffe ist, die der Beschwerdeführer verbotenerweise besitzen soll, geht weder aus dem Rechtshilfeersuchen noch aus dem Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart hervor. Es kann daher nicht beurteilt werden, ob diese unter den Katalog der verbotenen Waffen von Art. 5 WG fällt. Die Aufzählung der verbotenen Waffen in der Anlage 2 zum deutschen Waffengesetz (Waffenliste; Abschnitt 1: Verbotene Waffen) ist denn auch nicht deckungsgleich mit der Aufzählung von Art. 5 WG. So sind beispielsweise nach deutschem Recht auch gewisse mehrschüssige Kleinkaliberkurzwaffen verbotene Waffen (vgl. Anlage 2 zum deutschen Waffengesetz, Abschnitt 1: Verbotene Waffen, Ziff. 1.2.5), diese fehlen jedoch in der Aufzählung von Art. 5 WG. Dies führt dazu, dass die Überprüfung der doppelten Strafbarkeit und damit eine Subsumption des Sachverhalts unter einen Tatbestand des schweizerischen Rechts nicht möglich ist.

Entscheid des BstGer RR.2022.171 vom 03.02.2023 E. 4.3.2

Das Bundesstrafgericht heisst die Beschwerde gut, soweit darauf eingetreten wurde. Die Staatsanwaltschaft erhält jedoch eine zweite Chance: Binnen drei Monaten ab Rechtskraft des Entscheides hat sie bei der ersuchenden Behörde eine Ergänzung des Sachverhalts einzuholen.

Waffenkenntnis ist wichtig

Gemäss zitiertem Entscheid hat die ausländische Behörde die Art der relevanten Waffe zu benennen. Andernfalls ist eine Kategorisierung nicht möglich. Idealerweise sind bedeutsame technische und funktionsbezogene Merkmale zu nennen; spätestens seit der jüngsten Übernahme der EU-Feuerwaffenrichtlinie per 15. August 2019 sind diese mannigfaltig. Den involvierten Behörden wird ein entsprechendes Mass an Waffenkenntnis abverlangt. Da in der Schweiz die Rechtmässigkeit des Waffenbesitzes an jene des Erwerbs geknüpft ist (Art. 12 WG), tut die ausländische Behörde gut daran, auch diesen zu beschreiben. Das Herausschälen möglicher Folgeprobleme aufgrund international unterschiedlicher Erwerbsprozesse würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen.

Der Vollständigkeit halber will ich ergänzen, dass hierzulande natürlich nicht nur der unberechtigte Besitz verbotener Waffen, im europäischen Kontext auch „Kategorie-A-Waffen“ genannt, strafbar ist. Art. 33 Abs. 1 lit. a WG unterscheidet nicht zwischen vertragspflichtigen, erwerbsscheinpflichtigen und verbotenen Waffen. Man könnte sich daher fragen, ob die deutschen Behörden diesen Aspekt – ironischerweise – unnötig eng formuliert haben.