Gefährlicher Gegenstand: Vermutung rechtfertigt keine Beschlagnahme


Ein St.Galler Entscheid erinnert daran, dass es der zuständigen Behörde obliegt, Gründe für eine Beschlagnahme (und Einziehung) eines gefährlichen Gegenstands darzulegen. Die Vermutung der Missbräuchlichkeit genügt nicht.

Im Oktober 2022 hat die Kantonspolizei St.Gallen im Rahmen einer Personenkontrolle sowie Effektendurchsuchung ein Messer des späteren Rekurrenten beschlagnahmt. Mit Verfügung vom 3. Mai 2023 zog die Polizei dieses Messer ein. Zur Begründung führte sie zusammengefasst an, dass der Rekurrent keinen plausiblen Grund für das Mitführen des Messers habe benennen können, weshalb davon ausgegangen werden müsse, dass das Tragen des Messers missbräuchlich bestimmt gewesen sei. Aus dem Fehlen einer nachvollziehbaren Erklärung folge zudem, dass eine Aushändigung des Messers an den Rekurrenten ausgeschlossen sei, da ansonsten erneut die Gefahr der missbräuchlichen Verwendung bestehen würde.

Mit rechtskräftigem Entscheid RDRM.2023.44 vom 17. Januar 2024 erinnert das angerufene Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St.Gallen daran, dass es der zuständigen Behörde obliegt, nachvollziehbar darzulegen und zu begründen, weshalb sie von einer missbräuchlichen Verwendung des Gegenstandes ausgeht:

Bei der Beurteilung, ob das Tragen bzw. Mitführen eines gefährlichen Gegenstandes durch die bestimmungsgemässe Verwendung oder Wartung des Gegenstandes gerechtfertigt ist, ist auf die subjektiven Beweggründe der betreffenden Person abzustellen. Umgekehrt obliegt es den zuständigen Behörden, nachvollziehbar darzulegen und zu begründen, weshalb sie von einer mutmasslich missbräuchlichen Verwendung des Gegenstandes ausgehen. Missbräuchlich ist die Verwendung dann, wenn der Gegenstand offensichtlich dazu dienen soll, Menschen einzuschüchtern, zu bedrohen oder wenn der Gegenstand zur Begehung von Gewalttaten eingesetzt werden soll (M. Bopp, a.a.O., Art. 28a N 11 ff.).

Entscheid des Sicherheits- und Justizdepartements SG RDRM.2023.44 vom 17.01.2024 E. 2d

Das fehlende Glaubhaftmachen einer bestimmungsgemässen Verwendung eines Gegenstands soll dem Betroffenen folglich nicht automatisch zum Nachteil gereichen. Weiter begründet eine behördliche Mutmassung keine erwartbare missbräuchliche Verwendung:

[…] Zunächst ist fraglich, ob der Rekurrent tatsächlich keinen plausiblen Grund für das Mitführen des Messers nennen konnte. Sollte er – wie von ihm behauptet – bei der Personenkontrolle tatsächlich mitgeteilt haben, am Vortag einen Pilzkurs besucht zu haben, so würde dies durchaus einen plausiblen Grund darstellen. Wie es sich damit verhält, kann aber dahingestellt bleiben. Entgegen den Ausführungen der Vorinstanz kann aus dem Ausbleiben oder Misslingen der Glaubhaftmachung einer bestimmungsgemässen Verwendung des Messers nicht ohne Weiteres auf dessen mutmasslich missbräuchliche Verwendung geschlossen werden (vgl. vorstehend E. 2b). Vielmehr hat die Behörde nachvollziehbar zu begründen, weshalb sie von einer mutmasslich missbräuchlichen Verwendung ausgeht. Die blosse Mutmassung, der Rekurrent habe „womöglich unter Substanzeinfluss (Marihuana und Alkohol)“ gestanden, genügt hierfür nicht. Weitere Anhaltspunkte, die die Polizisten veranlasst haben könnten, von einer mutmasslich missbräuchlichen Verwendung des (legalen) Messers auszugehen, enthalten die Akten nicht. Auch sind keine besonderen Umstände, wie die Örtlichkeit, Tageszeit oder in der Person des Rekurrenten liegende Gründe, ersichtlich, die einen derartigen Schluss bloss ansatzweise zu begründen vermöchten.

Entscheid des Sicherheits- und Justizdepartements SG RDRM.2023.44 vom 17.01.2024 E. 2f

Damit waren die kumulativen Voraussetzungen von Art. 28a (und Art. 31) WG nicht erfüllt, womit sich die verfahrensbegründende Beschlagnahme und Einziehung des Messers als unrechtmässig erweisen. Der Rekurs ist gutgeheissen; das eingezogene Messer ist dem Rekurrenten zurückzugeben (vgl. E. 2g).