Waffengesetz: Strafe für fahrlässige Widerhandlung verschärft


Die Harmonisierung der Strafrahmen im Bereich des Nebenstrafrechts führt zu einer Verschärfung der Strafe bei fahrlässigem Verstoss gegen Art. 33 Abs. 1 WG – mit weiteren Folgen.

In jüngerer Vergangenheit wurde im Parlament medienwirksam über die Revision der Strafdrohungen im Bereich der Sexualdelikte debattiert. So wurde u. a. die Frage aufgeworfen, ob Vergewaltigungen künftig mit einer Geldstrafe geahndet werden können sollen. Seit dem 1. Juli 2023 droht diese Strafart jedenfalls bei fahrlässiger Widerhandlung gegen das Waffengesetz: Mit Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der Strafrahmen vom 17. Dezember 2021 (AS 2023 259) wurde die entsprechende Strafandrohung verschärft.

Änderungen

Art. 33 WG umschreibt nebenstrafrechtliche Vergehen und Verbrechen. Bislang lautete Art. 33 Abs. 2 WG wie folgt:

Handelt der Täter oder die Täterin fahrlässig, so ist die Strafe Busse. In leichten Fällen kann von einer Bestrafung abgesehen werden.

Art. 33 Abs. 2 aWG

Seit dem 1. Juli 2023 gilt folgende revidierte Fassung:

Handelt der Täter oder die Täterin fahrlässig, so ist die Strafe Geldstrafe.

Art. 33 Abs. 2 WG

Zuerst fällt die Änderung der Strafart auf: Während fahrlässige Verstösse gegen die in Art. 33 Abs. 1 WG enthaltenen Literä zuvor mit einer Busse geahndet wurden, droht neu eine Geldstrafe. Zusätzlich wurde die in Art. 33 Abs. 2 aWG enthaltene Strafbefreiungsmöglichkeit ersatzlos gestrichen. Die im Falle einer fahrlässigen Widerhandlung gegen Art. 33 Abs. 1 WG drohende Strafe wurde damit objektiv verschärft.

Ebenfalls aufgehoben wurde die Strafbefreiungsbestimmung in Art. 34 Abs. 2 aWG (eigentliche Übertretungen).

Motivation?

In der zugehörigen Botschaft zur Harmonisierung der Strafrahmen und zur Anpassung des Nebenstrafrechts an das geänderte Sanktionenrecht vom 25. April 2018, BBl 2018 2827, wird die Verschärfung der Strafart in Ziffer 2.4.6 nur knapp begründet:

Die fahrlässige Begehung wird als Übertretung mit Busse bis zu 10 000 Franken geahndet, während bei der Vorsatztat eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe droht. Diese Diskrepanz ist nicht angemessen, und für die fahrlässige Begehung ist neu eine Geldstrafe vorzusehen (siehe Ziff. 1.2.1 und 1.2.4). […]

Botschaft vom 25.04.2018 zur Harmonisierung der Strafrahmen und zur Anpassung des Nebenstrafrechts an das geänderte Sanktionenrecht, BBl 2018 2827 Ziff. 2.4.6

Alleine dieser „Diskrepanz-Logik“ folgend, hätte man alternativ die Strafandrohung im Bereich der Vorsatztaten herabsetzen können. In BBl 2018 2827 Ziff. 1.2.4 macht der Bundesrat aber deutlich, Übertretungsvarianten eigentlicher Vergehen neu mit Geldstrafe bedrohen zu wollen; dennoch verlangt er eine klare Trennung der Strafdrohung zwischen fahrlässigem und vorsätzlichem Delikt:

Die Strafdrohungen zu vorsätzlich und zu fahrlässig begangenen Delikten müssen sich wegen des unterschiedlichen Unrechtsgehalts unterscheiden (z. B. Art. 229). Vorsätzliches und fahrlässiges Verhalten können höchstens im Bagatellbereich (Übertretungen mit Busse bis 10 000 Fr.) auf die gleiche Stufe gestellt werden.

Botschaft vom 25.04.2018 zur Harmonisierung der Strafrahmen und zur Anpassung des Nebenstrafrechts an das geänderte Sanktionenrecht, BBl 2018 2827 Ziff. 1.2.1

Da nun sowohl bei fahrlässiger als auch vorsätzlicher Widerhandlung gegen Art. 33 Abs. 1 WG eine Geldstrafe droht, lässt sich ein gewisser Widerspruch zur zitierten Bestrebung erkennen: Obschon bei vorsätzlicher Tatbegehung weiterhin eine Freiheitsstrafe verhängt werden kann, rücken beide Deliktsvarianten faktisch zusammen.

Auswirkungen

Durch die obgenannte Revision wird die bisherige Übertretung zu einem Vergehen. Während Übertretungen nur unter erhöhten Voraussetzungen im Strafregister einzutragen sind (vgl. Art. 18 Abs. 1 lit. c Ziff. 3 und 4 StReG), werden Vergehen grundsätzlich registriert (vgl. Art. 18 Abs. 1 lit. c Ziff. 1 und 2 StReG). Dieser Umstand kann weitere Folgen auslösen: Strafregistereinträge sind ein waffenrechtlicher Hinderungsgrund nach Art. 8 Abs. 2 lit. d WG. Somit können fahrlässige Widerhandlungen gegen das Waffengesetz neu einem künftigen Waffenerwerb im Wege stehen sowie zur verwaltungsrechtlichen Beschlagnahme und Einziehung bereits im Besitz befindlicher Waffen (sowie Munition etc.) führen (vgl. Art. 31 Abs. 1 lit. b WG).

Demgegenüber dürfte der Wegfall der gesonderten Strafbefreiungsbestimmungen kaum praktische Auswirkungen zeigen, da gemäss Art. 52 StGB in Fällen geringfügiger Schuld und Tatfolgen ohnehin von einer Strafverfolgung bzw. Bestrafung abgesehen werden muss.

Mit Blick auf die schwerere Strafart sowie die damit potenziell einhergehenden, waffenrechtlichen Auswirkungen darf m. E. insgesamt von einer erheblichen Verschärfung gesprochen werden. Die erläuterte Umqualifikation der Übertretung zum Vergehen wird sich ferner (merklich) auf künftige Strafurteilsstatistiken auswirken. Diese Erwartung teilt auch der Bundesrat:

[…] Die Umqualifizierung von Übertretungen zu Vergehen stellt somit auch hinsichtlich der registerrechtlichen Konsequenzen eine Verschärfung dar. Dies wird sich auch in einer Zunahme der Urteilszahlen in der Strafurteilsstatistik niederschlagen, da die aufgeführten Verurteilungen auf den Zahlen des Strafregisters basieren.

Botschaft vom 25.04.2018 zur Harmonisierung der Strafrahmen und zur Anpassung des Nebenstrafrechts an das geänderte Sanktionenrecht, BBl 2018 2827 Ziff. 1.2.4

Schon jetzt sehe ich die reisserischen Schlagzeilen vor mir.