Art. 7 WG: Zum Umgang mit Doppelbürgern


Art. 7 des Waffengesetzes ermöglicht dem Bundesrat, Angehörigen bestimmter Staaten den Umgang mit Waffen und Munition zu verbieten. In diesem Kommentar wird erörtert, ob sich diese Bestimmung auf Doppelbürger aus Verbotsstaaten erstreckt.

Unter dem Titel «Verbot für Angehörige bestimmter Staaten» kennt Art. 7 des Waffengesetzes (WG) gegenwärtig die folgende Bestimmung:

1 Der Bundesrat kann den Erwerb, den Besitz, das Anbieten, das Vermitteln und die Übertragung von Waffen, wesentlichen oder besonders konstruierten Waffenbestandteilen, Waffenzubehör, Munition und Munitionsbestandteilen sowie das Tragen von und das Schiessen mit Waffen durch Angehörige bestimmter Staaten verbieten:

  1. wenn eine erhebliche Gefahr der missbräuchlichen Verwendung besteht;
  2. um Beschlüssen der internationalen Gemeinschaft oder den Grundsätzen der schweizerischen Aussenpolitik Rechnung zu tragen.

2 Die Kantone können Personen nach Absatz 1, die an Jagd- oder Sportveranstaltungen teilnehmen oder Personen- und Objektschutzaufgaben wahrnehmen, ausnahmsweise den Erwerb, den Besitz, das Tragen oder das Schiessen bewilligen.

Art. 7 WG; Verbot für Angehörige bestimmter Staaten

Mit der sogenannten „Länderliste“ oder „Verbotsliste“ präzisiert der Bundesrat unter gleichem Titel kompetenzgemäss in Art. 12 der Waffenverordnung (WV):

1 Der Erwerb, der Besitz, das Anbieten, das Vermitteln und die Übertragung von Waffen, wesentlichen oder besonders konstruierten Waffenbestandteilen, Waffenzubehör, Munition und Munitionsbestandteilen sowie das Tragen von Waffen und das Schiessen mit Feuerwaffen sind Angehörigen folgender Staaten verboten:

  1. Serbien;
  2. Bosnien und Herzegowina;
  3. Kosovo;
  4. Nordmazedonien;
  5. Türkei;
  6. Sri Lanka;
  7. Algerien;
  8. Albanien.

2 Die zuständige kantonale Behörde hat die Ausnahmebewilligung nach Artikel 7 Absatz 2 WG zu befristen und kann sie mit Auflagen verbinden. Vorbehalten bleibt Artikel 49.

3 Personen, die um eine Ausnahmebewilligung nach Absatz 2 ersuchen, müssen das dafür vorgesehene Formular ausfüllen und mit den folgenden Beilagen bei der zuständigen kantonalen Behörde einreichen:

  1. Kopie eines gültigen Passes oder einer gültigen Identitätskarte;
  2. schriftliche Begründung des Gesuchs.
Art. 12 WV; Verbot für Angehörige bestimmter Staaten

Klar ist, dass Personen, die einzig einem in Art. 12 WV genannten „Verbotsstaat“ angehören, d. h. einzig eine gelistete Staatsbürgerschaft besitzen, von den zitierten Regeln erfasst sind. Offen bleibt, wie mit Personen umzugehen ist, die über zwei Staatsbürgerschaften verfügen (sogenannte „Doppelbürger“), von denen eine in Art. 12 WV gelistet ist. Dieser Beitrag soll daher die Frage beleuchten, ob Art. 7 WG und Art. 12 WV auf solche Doppelbürger anzuwenden sind. Im Folgenden wird exemplarisch von einer schweizerisch-serbischen Doppelbürgerschaft ausgegangen.

Praxis der Kantone

Im Hinblick auf diesen Kommentar habe ich allen kantonalen Waffenbüros die nachstehende Frage betreffend ihre Praxis im Umgang mit Doppelbürgern zugestellt. Da im Kanton Zürich nicht der Kanton für das Ausstellen von Waffenerwerbsscheinen zuständig ist, wurden stellvertretend die Waffenbüros der Städte Zürich und Winterthur analog kontaktiert.

Anfrage an die kantonalen Waffenbüros der Deutschschweiz:

Eine in Ihrem Kanton wohnhafte Person besitzt die serbische sowie die Schweizer Staatsangehörigkeit (Doppelbürger) und ersucht Sie um Erteilung eines Waffenerwerbsscheins für den Erwerb eines Revolvers. Hinderungsgründe im Sinne von Art. 8 Abs. 2 WG liegen keine vor.

Wie würden Sie vorgehen?

  • Waffenerwerbsschein erteilen
  • Waffenerwerbsschein vorerst verweigern und auf den Weg der ausnahmsweisen Bewilligung nach Art. 7 Abs. 2 WG verweisen

Anfrage an die Waffenbüros der welschen Schweiz:

Une personne résidant dans votre canton possède la nationalité serbe et suisse (double nationalité) et vous demande de délivrer un permis d’acquisition d’armes pour l’achat d’un revolver. Il est de partir du principe qu’il n’y a pas d’obstacles au sens de l’art. 8 al. 2 LArm.

Comment procéderiez-vous?

  • Délivrer le permis d’acquisition d’armes
  • Refuser d’abord le permis d’acquisition d’armes et orienter le demandeur vers la procédure d’autorisation exceptionnelle selon l’art. 7 al. 2 LArm

Anfrage an das Waffenbüro des Kantons Tessin:

Una persona residente nel vostro cantone possiede sia la cittadinanza serba che quella svizzera (doppia cittadinanza) e vi chiede di rilasciare un permesso di acquisto di armi per l’acquisto di un revolver. Non ci sono ostacoli ai sensi dell’art. 8 capoverso 2 LArm.

Come procedereste?

  • Rilasciare il permesso di acquisto di armi
  • Rifiutare inizialmente il permesso di acquisto di armi e indirizzare verso la procedura di autorizzazione eccezionale secondo l’art. 7 capoverso 2 LArm

Die eingegangenen Antworten zeigen ein einseitiges Bild:

Kantongewährenindividuellkeine Antwort
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ZH-Wi×
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Summe:2016

Nahezu alle Waffenbüros, die freundlicherweise auf meine Anfrage reagiert haben, würden im Beispielfall einen Waffenerwerbsschein erteilen; keines würde diese Bewilligung (vorerst) verweigern. Oft wurden Rückmeldungen mit der auffällig ähnlich lautenden Anmerkung versehen, wonach ein Doppelbürger ein Schweizer Bürger «mit allen Rechten und Pflichten» sei und deshalb wie ein Schweizer Bürger behandelt werde. Auf dieses Argument wird noch einzugehen sein.

Einige Kantone haben ferner mitgeteilt, nicht von einer allfälligen zweiten Staatsangehörigkeit wissen zu können: Wenn ein Gesuchsteller nur eine Kopie seines Schweizer Passes einreiche, erfahre man nicht, welche weiteren Staatsbürgerschaften diese Person besässe.

Seit Einführung des Strafregistergesetzes (StReG) erhalten Waffenbehörden in Bewilligungsverfahren Einsicht in alle im «Behördenauszug 4» erscheinenden Daten (Art. 40 StReG). Dies umfasst alle identifizierenden Angaben zur Person, inklusive Herkunft (Art. 17 Abs. 1 lit. d StReG). So werden u. a. die jeweiligen Nationalitäten offenbart (Art. 15 i. V. m. Anhang 1 StReV), womit das vorstehende Problem aus der Praxis nicht mehr existiert.

Auslegung

Um den „wahren“ Gehalt einer Rechtsnorm zu ermitteln, ist diese auszulegen. Die Auslegung des Gesetzes ist auf die Regelungsabsicht des Gesetzgebers und die von ihm erkennbar getroffenen Wertentscheidungen auszurichten. Ausgangspunkt der Auslegung einer Norm bildet ihr Wortlaut. Vom daraus abgeleiteten Sinn ist jedoch abzuweichen, wenn triftige Gründe dafür sprechen, dass der Gesetzgeber diesen nicht gewollt haben kann. Solche Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte der Norm, aus ihrem Zweck oder aus dem Zusammenhang mit anderen Vorschriften ergeben. Insoweit wird vom historischen, teleologischen und systematischen Auslegungselement gesprochen. Bei der Auslegung einer Norm sind daher neben dem Wortlaut auch diese Auslegungselemente zu berücksichtigen.1

Der Umfang des in Art. 7 WG veranlagten und in Art. 12 WV umgesetzten Verbotes („Umgangsverbot“) soll an dieser Stelle nicht interessieren. Im Zentrum steht stattdessen die Frage nach dem Kreis der betroffenen Personen.

Wortlaut

Der Titel des Art. 7 WG sowie Abs. 1 zielen auf «Angehörige bestimmter Staaten» («ressortissants de certains États», «cittadini di determinati Stati»). In allen Sprachversionen wird also von besonderen Staatsangehörigkeiten gesprochen. Passend dazu nennt auch Art. 12 WV die «Angehörigen folgender Staaten». Demgegenüber spricht weder Art. 7 WG noch Art. 12 WV von „Ausländern“ oder „ausländischen Staatsangehörigen“. Beide Normen äussern sich zudem nicht explizit zum Umgang mit Personen, die mehrere Staatsbürgerschaften besitzen.

In grammatikalischer Hinsicht liesse sich diskutieren, ob «bestimmter Staaten» kumulativ verstanden werden kann. Spätestens mit Blick auf die nachfolgende historische Auslegungsmethode ist eine solche Interpretation jedoch zu verneinen.

Angehöriger eines bestimmten Staates ist, wer die entsprechende Staatsbürgerschaft besitzt. Demnach ist ein schweizerisch-serbischer Doppelbürger Angehöriger des Staates Schweiz sowie des Staates Serbien. Die Schweizer Staatsbürgerschaft ändert an der Tatsache, dass die Person aus unserem Beispiel Angehöriger des Staates Serbien ist, nichts. Die schweizerische Staatsangehörigkeit bewirkt einzig, dass diese Person – aus Sicht der Schweiz – nicht (mehr) Ausländer ist. Wie gesagt, knüpft der Wortlaut des Art. 7 WG (und des Art. 12 WV) aber nicht an eine Ausländereigenschaft.

Nach meinem Dafürhalten sind Doppelbürger, die einem bundesrätlich bestimmten Staat angehören, somit vom Wortlaut des Art. 7 WG (und Art. 12 WV) erfasst.

Historie

Die Idee, Angehörigen bestimmter Staaten den Zugang zu Waffen zu verbieten, existiert nicht erst seit der Einführung des eidgenössischen Waffengesetzes per 1. Januar 1999. So gab es zuvor bereits die

Die Tatsache, dass unterschiedliche Staatsangehörigkeiten gesondert reguliert wurden, spricht gegen die oben angerissene kumulative Lesart «bestimmter Staaten».

Mit Inkrafttreten des Bundesgesetzes über Waffen, Waffenzubehör und Munition vom 20. Juni 1997 (AS 1998 2535) hielt folgende Bestimmung Einzug ins nationale Recht:

1 Der Bundesrat kann den Erwerb von Waffen, wesentlichen Waffenbestandteilen,Waffenzubehör, Munition und Munitionsbestandteilen sowie das Tragen von Waffen durch Angehörige bestimmter Staaten verbieten:

  1. wenn eine erhebliche Gefahr der missbräuchlichen Verwendung besteht;
  2. um Beschlüssen der internationalen Gemeinschaft oder den Grundsätzen der schweizerischen Aussenpolitik Rechnung zu tragen.

2 Unter den gleichen Voraussetzungen kann er die Ausfuhr in bestimmte Staaten verbieten.

Art. 7 aWG; Einschränkungen in besonderen Situationen

In seiner heutigen Form existiert Art. 7 WG seit der Gesetzesänderung vom 22. Juni 2007 (AS 2008 5499), in Kraft per 12. Dezember 2008. Neu wurde Angehörigen bestimmter Staaten nicht nur der Erwerb und das Tragen, sondern auch der Besitz von Waffen etc. sowie das Schiessen untersagt.

Abgesehen davon, dass Art. 7 WG seit seiner ursprünglichen Einführung stets von «Angehörige[n] bestimmter Staaten» spricht, lässt sich aus der eigentlichen Historie m. E. nichts Nützliches ableiten. Den Zweck betreffende Ausführungen folgen sogleich.

Teleologie

Die Botschaft zur Einführung des Waffengesetzes äussert sich 1996 wie folgt zum damaligen Art. 7 aWG:

Der Kriegsausbruch in Ex-Jugoslawien hatte 1991 eine stark steigende Nachfrage nach Waffen zur Folge. Die Zunahme der Waffenkäufe durch Personen aus Ex-Jugoslawien bedeutete zum einen ein Sicherheitsrisiko in der Schweiz selbst, zum andern war zu verhindern, dass in der Schweiz gekaufte Waffen ins Kriegsgebiet transportiert und dort eingesetzt werden. Mit Bundesratsbeschluss vom 18. Dezember 1991 wurde die Verordnung über den Erwerb und das Tragen von Schusswaffen durch jugoslawische Staatsangehörige (SR 514.545) gestützt auf Artikel 102 Ziffer 8 BV erlassen. Da sich die Situation, die zum Erlass der Verordnung geführt hatte, bis 1993 kaum veränderte, wurde die Geltungsdauer der Verordnung bis zum 31. Dezember 1996 verlängert. Eine analoge Regelung für türkische Staatsangehörige wurde mit der Verordnung vom 30. Juni 1993 über den Erwerb und das Tragen von Schusswaffen durch türkische Staatsangehörige (SR 514.544) eingeführt. Mit der Kompetenzdelegation in Artikel 7 erhält der Bundesrat das Instrument, um in Zukunft ähnlichen Situationen umgehend auf dem ordentlichen Verordnungsweg begegnen zu können.

Botschaft vom 24.01.1996 zum WG, BBl 1996 I 1053 Ziff. 2.1.2

Diese Botschaft des Bundesrates zeigt, dass Art. 7 aWG

  1. den Waffenkauf durch Personen, die aus bestimmten Staaten stammen, unterbinden und
  2. die Waffenausfuhr in diese Staaten verhindern will.

Weiter soll diese Bestimmung

  1. die Sicherheit im Inland fördern und
  2. den Einsatz von Schweizer Waffen im ausländischen Konfliktgebiet vereiteln.

Anknüpfungspunkt ist demnach die Herkunft bzw. eine gewisse Verbindung einer Person zu einem Konfliktgebiet. Ich vermute, dass sich der Gesetzgeber aus pragmatischen Gründen an der „Risikostaatsangehörigkeit“ orientiert.

Die Transformation des damaligen Art. 7 aWG in den heutigen Art. 7 WG betrifft primär den Umfang des Verbots, nicht aber den Adressatenkreis:

Bisher galt diese Bestimmung im geltenden WG lediglich für den Erwerb von Waffen, wesentlichen Waffenbestandteilen, Waffenzubehör, Munition und Munitionsbestandteilen sowie für das Tragen von Waffen. In der Praxis führt die inkonsequente Regelung des Erwerbs, nicht aber des Besitzes, zu Problemen. Die vom Bundesrat in Artikel 9 WV bezeichneten Staatsangehörigen dürfen nach geltendem Recht keine Waffen erwerben, sie dürfen sie aber besitzen und auch damit schiessen.

Das Verbot umfasst neu auch den Besitz und das Schiessen mit Waffen sowie das Anbieten, Vermitteln und die Übertragung von Waffen an Angehörige solcher Staaten (Abs. 1).

Die Kantone erhalten in Absatz 3 die Kompetenz, Ausnahmen für Sport- und Jagdschützen, die ihre diesbezügliche Tätigkeit nachweisen können, und für das Personal von Sicherheitsfirmen zu bewilligen. Diese Befugnis liegt nach geltendem Recht beim Bund (Art. 9 Abs. 2 WV). Der Grund für den Kompetenzwechsel war die unbefriedigende Trennung der Kompetenz zur Ausstellung der Bewilligung und der Erhebung der Gebühr (Bund) einerseits und der durch die kantonalen und kommunalen Vollzugsstellen erbrachten unentgeltlichen Abklärungsarbeiten andererseits.

Botschaft vom 11.01.2006 zur Änderung des WG, BBl 2006 2713 Ziff. 3.1.2

Die im Falle einer Einbürgerung in der Schweiz erfüllten Voraussetzungen aus Art. 11 und 12 BüG mindern zwar gewisse Befürchtungen betreffend die innere Ordnung, decken sich aber nicht gänzlich mit dem dargestellten Zweck des Art. 7 WG. Der Erwerb einer zusätzlichen Staatsbürgerschaft ändert nichts an der Herkunft einer Person. Auch verändert der Erwerb einer weiteren Staatsbürgerschaft die bestehende Verbindung zum Staat des ersten Bürgerrechts nicht.

Aus teleologischer (und historischer) Sicht ist ein Abweichen vom Wortlaut daher m. E. nicht angezeigt. Der schweizerisch-serbische Doppelbürger aus unserem Ausgangsbeispiel wäre auch unter diesen Gesichtspunkten von Art. 7 WG i. V. m. Art. 12 WV erfasst.

Konsequenterweise liesse sich nun hinterfragen, inwiefern Personen, die ausser der nackten Staatsbürgerschaft keinerlei Verbindung zu einem Verbotsstaat aufweisen, von Art. 7 WG und Art. 12 WV erfasst sein sollten. Mit alleinigem Blick auf die Entstehung und den Zweck des Art. 7 WG müsste ich dies verneinen, wobei ein Widerspruch zum Wortlaut diesem Ergebnis entgegenstünde. Im Übrigen trägt der Gesetzgeber seiner Pauschalität mit Art. 7 Abs. 2 WG teilweise Rechnung.

Systematik

Art. 7 WG ist passend in den 2. Abschnitt des Waffengesetzes, «Verbote und Einschränkungen», eingereiht. Der darauffolgende Art. 7a WG regelt im Sinne einer Einführungs- bzw. Übergangsbestimmung, wie damals mit betroffenen Personen zu verfahren war bzw. bei einer Erweiterung der Länderliste in Art. 12 WV zu verfahren ist. Aus dieser Eingliederung lässt sich m. E. nichts zur Deutung des Adressatenkreises des Art. 7 WG ableiten.

Überblickt man das Waffengesetz als Ganzes, so erhellt, dass dieses durchaus Bestimmungen kennt, welche sich einzig an Ausländer richten. In der Terminologie des Waffengesetzes wird dort von «ausländische Staatsangehörige» gesprochen (z. B. Art. 6a Abs. 2 WG). Mit anderen Worten hätte der Gesetzgeber einen Terminus zur Hand gehabt, wenn er in Art. 7 Abs. 1 WG nur Ausländer hätte adressieren wollen. Auch dies spricht für die Inklusion von Doppelbürgern.

Ergebnis

Nach der vorstehenden Auslegung des Art. 7 WG darf ich an dieser Stelle festhalten, dass m. E. auch Doppelbürger von dieser Bestimmung erfasst sind, solange sie einem in Art. 12 WV gelisteten Staat angehören.

Vergleichen wir nun das Ergebnis dieser Gesetzesauslegung mit der oben dargestellten Praxis der Kantone, fällt neben der offensichtlichen Diskrepanz auf, dass Waffenbüros eine konträre Perspektive einnehmen: Während das Gesetz nach einer besonderen Staatsangehörigkeit fragt, orientiert sich die kantonale Praxis am inländischen Bürgerrecht.

Rechtsgleichheit verletzt?

Wie oben erwähnt, begründen die Kantone ihre Praxis oft mit der Absicht, alle Schweizer gleichbehandeln zu wollen. Nach meinem Dafürhalten greift diese Argumentation zu kurz, denn auch Doppel- oder Mehrfachbürger können im Rahmen des Gleichbehandlungsgebots besonderen Regeln unterworfen sein.

Als Ausfluss der in Art. 8 BV verankerten Rechtsgleichheit verlangt der Grundsatz der Gleichbehandlung, dass die Rechte und Pflichten von Betroffenen nach gleichen Massstäben festzulegen sind. Gleiches ist gleich, Ungleiches ist ungleich zu behandeln.

Das Gebot der rechtsgleichen Behandlung ist nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung verletzt, wenn ein Erlass hinsichtlich einer entscheidwesentlichen Tatsache rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen nicht ersichtlich ist, oder wenn er Unterscheidungen unterlässt, die sich aufgrund der Verhältnisse aufdrängen. Bundesrecht wäre indessen selbst bei Vorliegen einer rechtsungleichen Behandlung anzuwenden.2

Richtig ist, dass ein schweizerisch-serbischer Doppelbürger (auch) Schweizer ist. Im Gegensatz zu Personen, die neben der schweizerischen keine weitere Staatsbürgerschaft besitzen, liegt indes ein objektives Unterscheidungsmerkmal vor: die zweite Staatsangehörigkeit. Folglich bestehen ungleiche Ausgangslagen; diese sind – wo relevant – ungleich zu behandeln. Die Relevanz dieser Ungleichheit ergibt sich aus dem Umgangsverbot in Art. 7 Abs. 1 WG i. V. m. Art. 12 WV. Diese Bestimmung unterstreicht nicht nur die Relevanz, sie ist gleichzeitig auch bundesrechtliche Grundlage einer vernünftigen Unterscheidung.

Nach dem Gesagten sehe ich im obigen Auslegungsergebnis keine Verletzung des Gebots der rechtsgleichen Behandlung. Im Gegenteil: Dieses Gebot zeigt eine Ungleichbehandlung von Angehörigen bestimmter Staaten an.

Auswirkungen?

Die hier vertretene Auslegung des Art. 7 WG ist lediglich eine begründete Interpretation einer Gesetzesbestimmung. Meines Wissens hat sich das Bundesgericht nie zu dieser spezifischen Frage geäussert. Im Lichte der aktuell herrschenden Praxis überrascht das nicht: Welcher Doppelbürger wird sich je gegen den Erhalt der gewünschten Erwerbsbewilligung zur Wehr setzen? Eine gerichtliche Klärung müsste deshalb von den Behörden angestrengt werden.

Notwendige Anpassungen

Sollte eine Bewilligungsbehörde der hier nahegelegten Auslegung des Art. 7 WG folgen wollen, wäre dies mit gewissen Aufwänden verbunden – was die Wahrscheinlichkeit alleine schon schmälert. Eine Praxisänderung wäre gehörig anzukündigen. Ferner wäre trotz Einführung des StReG eine Anpassung der zur Verfügung gestellten Formulare angezeigt: Neu sollte nach allen Staatsangehörigkeiten gefragt werden.

Bestehende Besitzverhältnisse

Gleich wie bei der Praxisänderung betreffend Qualifikation schwerer Maschinengewehre – die im Übrigen nicht angekündigt wurde – würde auch hier die Besitzesschutzklausel aus Art. 12 WG wohl nicht greifen, da ein Erwerbsverbot einem rechtmässigen Erwerb entgegengestanden hätte. Im Sinne der Verhältnismässigkeit und retrospektiven Rechtssicherheit würden bestehende Besitzverhältnisse m. E. jedoch aufgrund des verwaltungsrechtlichen Vertrauensschutzes fortbestehen dürfen. Eine Bestrafung könnte auch hier wegen unvermeidbaren Irrtums über die Rechtswidrigkeit (Art. 21 StGB) verneint werden.

Art. 7a WG käme m. E. nicht zur Anwendung, da eine Änderung der Praxis und nicht eine Änderung des Waffengesetzes oder der Waffenverordnung stattfände.

Legalisierung der Praxis

Ein anderer, ebenso konsequenter Ansatz wäre die Legalisierung der bestehenden Praxis. Nebst der Waffenverordnung wäre in erster Linie das Waffengesetz zu ändern. Der revidierte Art. 7 Abs. 1 WG könnte – in Anlehnung an den waffengesetzlich etablierten Terminus für Ausländer – wie folgt lauten:

1 Der Bundesrat kann den Erwerb, den Besitz, das Anbieten, das Vermitteln und die Übertragung von Waffen, wesentlichen oder besonders konstruierten Waffenbestandteilen, Waffenzubehör, Munition und Munitionsbestandteilen sowie das Tragen von und das Schiessen mit Waffen durch ausländische Angehörige eines bestimmten Staates verbieten: […]

Vorschlag eines revidierten Art. 7 Abs. 1 WG
  1. Vgl. BGE 133 III 257 E. 2.4. ↩︎
  2. Vgl. Urteil des Bundesgerichts 2C_301/2016 vom 19. Juli 2017 E. 4.2. ↩︎