Am 7. Juni 2022 hat der Bundesrat anlässlich einer Fragestunde mehrere Fragen der Nationalrätin Marionna Schlatter (Grüne) beantwortet. Auf diese Fragen und die zugehörigen Antworten soll hiermit kurz hingewiesen sein.
Der formulierte Kontext, die mitgelieferte Behauptung und die zwei – genauer vier – eingereichten Fragen im Wortlaut:
Ein Bericht von SRF zeigte am 21. April 2022 auf, dass die Gesuche für Waffenerwerbsscheine in einigen Städten und Kantonen im Frühling zwischen 50 und 100% zugenommen hat.
- Verfügt der Bund über nationale Zahlen über die Zunahme nach Waffenerwerbscheinen, bestätigen diese den Trend?
Die Verbreitung von Waffen im Privatbesitz erhöht die Sicherheit des Landes nicht.
22.7393, Fragestunde, eingereichter Text, Schlatter Marionna
- Wie gedenkt der Bundesrat, dem Trend zu begegnen und erwägt er Massnahmen?
Die zitierte Einleitung dürfte auf diese Sendung des SRF anspielen.
Die erste Frage, deren Antwort in Art. 32a WG angedeutet wird, hat der Bundesrat zwar leicht unscharf, jedoch wenig überraschend beantwortet. Interessanter sind die veröffentlichten Zahlen bezüglich ausgestellter Erwerbsbewilligungen und vertraglich gemeldeter Handänderungen:
1. In der Schweiz gibt es kein eidgenössisches zentrales Waffenregister. Die Kantone führen die Waffenregister und können Auskunft über den Waffenerwerb in ihrem Kanton geben. Eine kürzlich durchgeführte Umfrage von Fedpol, an der sich 19 Kantone beteiligten, hat folgendes ergeben:
Im 1. Quartal 2022 wurden total 11 119 Waffenerwerbsbewilligungen und registrierte Verkäufe mittels Vertrag gemeldet. Im Vergleich dazu waren es im 1. Quartal 2021 in denselben Kantonen total 8615 Bewilligungen und registrierte Verkäufe mittels Vertrag. Dies stellt eine Zunahme von rund 25 Prozent dar. Ob es dabei um einen langfristigen Trend geht, lässt sich vor dem Hintergrund ausserordentlicher Ereignisse wie der Corona-Pandemie und dem Ukraine-Krieg heute nicht abschliessend beurteilen. Das EJPD wird die Entwicklung der nächsten Jahre jedoch beobachten.
22.7393, Fragestunde, Antwort Bundesrat
Der Bundesrat hat auf Mutmassungen zu den Gründen des verzeichneten Anstiegs sowie eine moralische Bewertung verzichtet. Zu den wohl zwischen den Zeilen geforderten Massnahmen äussert sich der Bundesrat hingegen wie folgt:
2. Die Schweiz verfügt über ein aktuelles und wirksames Waffenrecht. Mit der 2019 in Kraft getretenen Revision des Waffengesetzes und der Übernahme der EU-Waffenrichtlinie wurden verschiedene Anpassungen im Waffenrecht vorgenommen. Um Missbräuchen vorzubeugen, bestehen heute ausreichend strenge Massnahmen bei der Vergabe von Waffenerwerbsscheinen. Bei der Beantragung eines Waffenerwerbsscheins werden Antragstellerinnen und Antragsteller von den kantonalen Waffenbüros einer Prüfung unterzogen. Der Bundesrat zieht derzeit keinen weiteren Handlungsbedarf.
22.7393, Fragestunde, Antwort Bundesrat
Demnach hält der Bundesrat eine weitere Verschärfung des Schweizer Waffenrechts gegenwärtig für unnötig. Die jüngste Polizeiliche Kriminalstatistik mag ihm Recht geben. Ob er seine Position mit Blick auf durch die EU-Kommission angedachte Verschärfungen der EU-Waffenrichtlinie wieder ändert, wird die Zukunft weisen.
Abschliessend der Hinweis auf einen weiterführenden Bericht der Online-Plattform Nau.ch: Frau Nationalrätin Marionna Schlatter äussert sich zur Antwort des Bundesrates.
Updates: parlamentarische Initiative
In Ergänzung des ursprünglichen Beitrags sei hier darauf hingewiesen, dass Frau Nationalrätin Marionna Schlatter am 16. Juni 2022 die parlamentarische Initiative «Zunahme der Gewaltbereitschaft und privater Waffenbesitz. Es braucht ein zentrales Waffenregister!» (22.440) eingereicht hat. Mit diesem Vorstoss wird eine «zentrale Waffendatenbank» gefordert, in der sämtliche Feuerwaffen registriert werden müssten.
Am 19. Juni 2023 hat die SiK-NR der dargestellten parlamentarischen Initiative der Frau Nationalrätin Marionna Schlatter Folge gegeben.
Demgegenüber hat die SiK-SR die obgenannte parlamentarische Initiative am 16. November 2023 abgelehnt. Zur Begründung soll u.a. angeführt worden sein, dass die bestehenden nationalen Systeme (OAWR und ARMADA) ausreichen. Zudem würde die Initiative die entstehenden Mehraufwände und Doppelspurigkeiten nicht rechtfertigen. Weiter habe eine Mehrheit darauf hingewiesen, dass Gewalttaten meist nicht mit registrierten Waffen begangen werden. Ferner widerspreche eine solche Datenbank der kantonalen Polizeihoheit und der kantonalen, das Waffengesetz betreffenden Vollzugshoheit. Eine Kommissionsminderheit sei der Auffassung, dass mit einer statistischen Erhebung ein präventiver Beitrag zur Sicherheit geleistet werden könne. Weshalb dem so sein soll, verrät die verlinkte Medienmitteilung leider nicht. Jedenfalls geht diese Initiative nun an die SiK-NR zurück; sie wird über das weitere Vorgehen zu befinden haben.
Sodann hat sich auch die SiK-NR am 23. Januar 2024 mit 16 zu 9 Stimmen gegen diese parlamentarische Initiative ausgesprochen und damit den eigenen Standpunkt geändert. Hierbei hat die SiK-NR im Wesentlichen die Argumentation der SiK-SR übernommen. Dieser Vorstoss wird nun vom Nationalrat voraussichtlich in der Frühjahressession 2024 behandelt werden.
Zwischenzeitlich soll sich auch die Chefin des fedpol, Nicoletta della Valle, gegen die Schaffung eines solchen Registers ausgesprochen und hierbei vor Bürokratie und Kosten gewarnt haben.