Bericht zur (Nicht)umsetzung und Weiterentwicklung der EU-Waffenrichtlinie


Alle fünf Jahre muss die Europäische Kommission über die Anwendung sowie Eignung der EU-Waffenrichtlinie berichten und allenfalls Gesetzgebungsvorschläge unterbreiten. Es folgt eine Zusammenfassung des Berichts der Europäischen Kommission vom 27. Oktober 2021.

Die Richtlinie (EU) 2021/555 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. März 2021 über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen (EU-Waffenrichtlinie) verpflichtet die Europäische Kommission (EU-Kommission), dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union (≠ Europäischer Rat ≠ Europarat) alle fünf Jahre über die Anwendung und Eignung der EU-Waffenrichtlinie zu berichten. Auch soll die EU-Kommission gegebenenfalls Gesetzgebungsvorschläge unterbreiten (Art. 24 Schlussbestimmungen der EU-Waffenrichtlinie). Am 27. Oktober 2021 hat die EU-Kommission den ersten Bericht seit der Volksabstimmung vom 19. Mai 2019 (Übernahme von EU-Regularien ins Schweizer Waffengesetz) veröffentlicht.

(Nicht)umsetzung durch die Mitgliedstaaten

Der besagte Bericht ist im Wesentlichen zweigeteilt. Im ersten Teil liefert die EU-Kommission einen zusammenfassenden Überblick zur Frage, welche Mitgliedstaaten die mit der EU-Waffenrichtlinie und zugehörigen Durchführungsrichtlinien eingeführten Bestimmungen umgesetzt haben. Die evaluierten Regelungsbereiche wurden aufgeteilt in

  • Begriffsbestimmungen,
  • Bestimmungen zur Tätigkeit von Waffenhändlern und Maklern,
  • Kennzeichnungsvorschriften,
  • Waffenregisterdaten und Informationsaustausch,
  • Kategorie A Waffen,
  • Europäischer Feuerwaffenpass,
  • Schreckschusswaffen und Signalwaffen,
  • Salutwaffen und akustische Waffen sowie
  • deaktivierte Feuerwaffen.

Sodann kommt die EU-Kommission zum Schluss, dass «nur 10 Mitgliedstaaten die in diesem Bericht analysierten Vorschriften, die die 2017 durch die Feuerwaffen-Richtlinie und die beiden Durchführungsrichtlinien eingeführten wesentlichen Änderungen betreffen, vollständig umgesetzt haben». Dies sind (Stand 15. August 2021):

  1. Deutschland
  2. Estland
  3. Frankreich
  4. Lettland
  5. Litauen
  6. Österreich
  7. Portugal
  8. Spanien
  9. Ungarn
  10. Zypern

In mehreren Mitgliedstaaten wurden zudem Fälle fehlerhafter Umsetzungen festgestellt. Besonders renitent zeigen sich Luxemburg und Slowenien: Sie werden in jeder Kategorie gerügt. Gegenwärtig umfasst die Europäische Union 27 Mitgliedstaaten.

Weiterentwicklung der EU-Waffenrichtlinie

Der zweite Teil des Berichts tangiert mögliche Weiterentwicklungen der EU-Waffenrichtlinie. Angedacht und nach Ansicht der EU-Kommission evaluationswürdig sind kurz zusammengefasst:

  1. Überarbeitung der Unterscheidung zwischen verbotenen und genehmigungspflichtigen Feuerwaffen, um sicherzustellen, dass der Besitz verbotener Feuerwaffen nur in ganz wenigen Ausnahmefällen möglich ist
  2. Zum Abfeuern eines Geschosses ungeeignete Waffen, die mit Spezialwerkzeug und besonderen Kenntnissen feuerfähig gemacht werden könnten, sollen mindestens meldepflichtig werden.
  3. Waffen, die Flobert-Munition abfeuern können, als Feuerwaffen nach Anhang I einstufen
  4. Anwendung der EU-Waffenrichtlinie auf historische Waffen
  5. Besondere Vorschriften für den Besitz und Handel von Bauplänen für den 3D-Druck
  6. Regulierung von halbfertigen Feuerwaffen
  7. Erstellen einer EU-Referenztabelle für Feuerwaffen zwecks Vereinheitlichung und Klarstellung von Vermerken im Europäischen Feuerwaffenpass
  8. Schaffung von Rechtsgrundlagen für die Nutzung des Binnenmarkt-Informationssystems und Klärung der Zuständigkeiten nationaler Behörden im Bereich der Verwaltungszusammenarbeit
  9. Vereinheitlichung der Kennzeichnungen von Waffen und Bestandteilen
  10. Neue Technologien zur Nachverfolgung des Erwerbs und Besitzes von Waffen (QR-Codes, Datenmatrix-Codes, RFID-Chips, unsichtbare Sicherheitsfarben)

Abschliessend stellt die EU-Kommission in ihrem Bericht fest, «dass durch die Feuerwaffen-Richtlinie bei den Kategorien von Feuerwaffen, ihrer Nachverfolgung sowie dem Austausch von Informationen und Verwaltungsverfahren Verbesserungen eingetreten sind». Welche Verbesserungen gemeint sind, wird nicht verraten. Auch äussert sich der Bericht der EU-Kommission nicht zur Frage, ob ungeeignete Regelungen ermittelt wurden, deren Aufhebung nun zu prüfen wäre. Vielmehr zeige «die im Rahmen dieses Berichts durchgeführte Analyse, dass noch Raum für weitere Fortschritte bei der rechtlichen Kontrolle des Erwerbs, Besitzes und der Verbringung von Waffen für den zivilen Gebrauch besteht».

Damit bleibt das europäische Waffenrecht – so indirekt auch das schweizerische – einem steten Wandel ausgesetzt. Wir dürfen gespannt sein.